Wir haben unser Abitur. Irgendwie haben wir es geschafft.
Jetzt denken wir alle an die Zukunft, was wollen wir machen, was kommt auf uns zu. Du planst deine Zukunft mit dem Gedanken, Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Zu solch einer Zeit verlieren wir uns in der Zukunft und der unveränderlichen Vergangenheit.
Doch du hast nicht die Zukunft oder die Vergangenheit, lediglich diesen Moment. Und ich dachte mir, ich erzähle in diesem Moment, während ich hier stehe, was ich doch so Nützliches gelernt habe als Schülerin.
Ich habe gelernt, dass alle in der Zukunft erfolgreich sein wollen. Während ich mit vielen meiner Mitschüler über ihre Zukunftspläne sprach, ist mir aufgefallen, dass nicht jeder das gleiche unter Erfolg versteht. Aber eine bestimmte Definition von Erfolg war öfter vertreten als andere .
Die Art von Erfolg, die uns in der Vergangenheit oftmals beigebracht wurde und immer noch wird:
- sich erfolgreich in die Gesellschaft, in die Menge einzufügen;
- eine hohe Stellung zu erlangen und das Wichtigste – viel Geld zu verdienen.
Erfolgreich ist man für viele erst dann, wenn diese Aspekte erfüllt sind. Uns wurde unser Leben lang meist nur eine Version des Erfolges gelehrt. Der Erfolg, bei dem meistens unsere Familie, unsere Freunde, unsere Umgebung zufrieden sind. Alle, außer wir selbst.
Euer Erfolg wird aber sein, was ihr hinterlasst wenn ihr nicht mehr auf der Welt weilt. Vielleicht eine Familie, die nie die Liebe zu euch vergessen wird. Vielleicht Menschen, denen ihr auf irgendeine Weise geholfen habt. Vielleicht Menschen, die ihr inspiriert habt, die ihr zu etwas Bedeutendem bewegt habt. Definiert euch selbst den Begriff Erfolg neu!
Die Zahlen auf eurem Bankkonto werden nicht der Maßstab eures Erfolges sein. Die Lachfältchen um eure Augen werden euren Erfolg zum Ausdruck bringen!
Ich habe auch gelernt, dass nicht wenige Menschen einem das Gefühl der Unvollkommenheit geben. Sie geben einem das Gefühl, sich verändern zu müssen, sich wandeln zu müssen, um einem Standard zu entsprechen oder den Erfolg nach der Definition anderer zu erreichen. Auch dies ist ein Aspekt, der nicht selten auftritt. Viele Menschen geben einem im Leben, insbesondere in der Schule, das Gefühl, dass man nicht genug ist. Dass man als Mensch unvollkommen und unfähig ist. Doch wie wäre es, wenn wir uns selbst und den Menschen beibringen, dass oftmals nicht das Verändern unseres Wesens uns an unser Ziel bringen wird, sondern dass wir uns selbst erst einmal finden und akzeptieren müssen?
Wir müssen erkennen, dass wir alleine mehr als genug sind, dass an uns nichts fehlt oder falsch ist, dass uns die ganze Welt offen steht und dass wenn wir Dinge wirklich wollen, diese auch möglich sind. Dies sind Werte, die in unsere Schullaufbahn öfter verloren gingen. Doch gab es auch Menschen, Lehrer die uns weitaus mehr gelehrt haben als nur ihr Fach, sondern die uns auch etwas über das Leben selbst beigebracht haben. Die uns das Gefühl gaben, dass unsere Stimme zählt und unsere Meinung auch eine bedeutende Stellung für sie hat.
Viele werden es vielleicht nie wissen, aber während unserer Schullaufbahn gab es auch Menschen, die andere inspiriert und geprägt haben, und die auf eine Weise auch meine eigene Lebensphilosophie beeinflusst haben.
Während unserer wenigen Jahre, insbesondere während unserer Jahre in der Schule, haben nicht nur wir uns verändert, sondern auch die Welt insgesamt, die Mentalität vieler Menschen und die Atmosphäre. Es gab und es gibt immer wieder Geschehnisse, die von Angst und Hass bestimmt sind. Dies haben wir alle in den letzten Jahren miterlebt und stecken noch mittendrin in einer Welt mit vielen Menschen, die so ängstlich sind, dass sie Handlungen vollziehen, die wir nicht verstehen.
Ich habe auch gelernt, dass unsere Handlungen ein Kompromiss zwischen unseren Idealen und unserer Realität sind. Wenn man sich als Mensch mitten in einer manchmal so traurigen Realität befindet, was sind denn dann nun unsere Ideale? Was für Ideale vertreten wir als Menschen? Was ist unser Antrieb, das Fundament unseres Ehrgeizes? Ist er auch geprägt von Trauer oder Angst wie die Realität selbst, von der Angst vor dem Versagen?
Wir alle sind auf dem Weg, erwachsen zu werden. Manche vielleicht früher oder später als andere. Doch habe ich gelernt, dass es ein paar Dinge gibt, bei denen man lieber noch ein Kind bleibt. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich noch in die Grundschule ging, da drehte ich mich gern um mich selbst, so schnell ich konnte, weil ich dachte, dass ich dann irgendwann fliegen könnte. Dabei bin ich natürlich mehrmals hingefallen. Doch was mich am meisten damals gestört hat, waren nicht die Wunden an meiner Hand oder an meinen Knien, sondern eher die Blicke der Eltern, die mich dabei beobachteten, wenn ich hinfiel. Diese Gesichtsausdrücke… Manche lächelten mir mitleidsvoll zu, andere starrten mich argwöhnisch an. Ich hab damals nie verstanden, warum Erwachsene uns nie verstehen konnten. Doch ich stand immer wieder auf, denn irgendwann, das wusste ich, werde ich fliegen.
Nun bin ich ein bisschen älter und erkenne, dass Kinder das Leben oft besser beherrschen als Erwachsene. Und was mir an Erwachsenen am meisten fehlt, ist genau dieser Gedanke, dass man nämlich unbesiegbar ist.
Die Angst, zu versagen, beeinflusst so viele Entscheidungen in unser aller Leben, man hat Angst, sich zu entblößen, zu fallen, zu offenbaren, das man ein Mensch ist und verletzlich ist.
Wir werden im Leben noch so oft versagen, wahrscheinlich werden wir sogar öfter versagen als gewinnen. Unter Umständen werden wir immer und immer wieder versagen für eine Weile, denn manchmal muss man sich verlieren, um sich selbst zu finden. Doch wir sind unbesiegbar, denn unsere Unbesiegbarkeit besteht letztlich darin, keine Angst vor dem Versagen zu haben – ein Gedanke, den ich selbst schon manchmal vergessen habe. Denn diese Grundeinstellung ist nicht etwas, das man erlernen muss, sie liegt im Gegenteil schon tief in uns seit unseren Kindheitstagen. Doch sie gerät nun mal nach einiger Zeit in Vergessenheit.
Ich bin unbesiegbar weil ich keine Angst vor dem Versagen habe.
Lasst das Gefühl der Angst euch nicht davon abhalten, eure lang ersehnten Wünsche und Träume zu verwirklichen. Wählt nicht einen Lebensweg, nur weil dieser euch gerade als der sicherere erscheint. Natürlich möchte jeder im Leben abgesichert sein. Wir sehnen uns alle nach dem Gefühl der Sicherheit, aber das Leben ist nun mal grundsätzlich nicht sicher. Daher sage ich, findet euch, eure Bestimmung, vertraut eurem Instinkt, geht den Weg, den ihr schon immer gehen wolltet. Lasst nicht zu, dass ein kurzfristiges Gefühl oder Menschen euch dazu bringen, dass ihr an euch selbst zweifelt! Bestimmt selbst die Kompromisse, die ihr mit der Realität und euren Idealen eingeht! Denn wie furchterregend und unveränderlich die Realität auch erscheinen mag, ihr seid die Pioniere eurer Ideale.
Die wichtigsten Werte, die ich gelernt habe, kamen von einer Person, die mich schon länger kennt als ich mich selbst. Meine Mutter. Sie hat mir gezeigt, was es heißt, Frau, stark, unabhängig, mutig zu sein.
Sie hat mich gelehrt, dass ich weitaus mehr sein kann, als andere denken.
Sie hat mich gelehrt, dass Bildung ein Geschenk ist und eine Möglichkeit, der ich mein Leben lang nachjagen sollte.
Sie hat mich gelehrt, dass man manchmal im Leben absichtlich stolpern sollte, um den Fall kürzer zu machen.
Danke, dass du mir diese Werte in die Wiege gelegt hast.
Es gibt ein Zitat von Toni Morrison, einer meiner Lieblingsschriftstellerinnen:
“Wenn ihr diese Jobs bekommt, für die ihr trainiert wurdet und frei seid, erinnert euch daran, dass euer wahrer Job darin besteht, auch jemand anderen zu befreien. Wenn ihr Stärke besitzt, bestärkt jemand anderen. Das Leben ist kein „Nimm dir raus, was du willst“-Spiel!”
Es gibt viele Aspekte, die man aus diesem Zitat unterstreichen könnte, doch ich hab mich nur für einen entschieden – für die Tatsache, dass wir andere stärken und bestärken sollen, weil diese anderen nun mal nicht hier stehen oder dort unten sitzen und wie wir die Chance hatten, ihre Abiturprüfung abzulegen, nachdem sie jahrelang eine Schule besuchen durften, um sich das Wissen anzueignen, das wir uns halbwegs angeeignet haben.
Denn das Leben ist so: manche haben eine Chance und manche nicht.
Und keine haben meistens die, die im falschen Land, im falschen Körper, in die falsche Familie hinein geboren wurden. Sie, und auch viele von uns werden verurteilt.
Dennoch haben wir eine Chance bekommen und das einzige, was uns von anderen unterscheidet, sind unsere Chancen im Leben. Wir alle hier haben eine bekommen – andere werden nie eine haben.
Deshalb kann ich nur sagen, nutzt diese gut, denn ihr habt diese Möglichkeit nicht, weil ihr besser als jemand anderes seid! Ihr habt einfach eine. Nehmt das nicht als selbstverständlich hin und gebt alles, was ihr habt, mit der Hoffnung, dieser Chance gerecht zu werden und auch jemand anderem eine Chance geben zu können.
Unsere glücklichen Abiturienten und Abiturientinnen sind (Vorname, Nachname):
Sabedin Ademovski, Oguzhan Merih Adin, Elisabeth Agougno, Cagan Akgül, Aylin Aksan, Davut Aksoy, Sanem Aksoy, Aysegül Aktas, Selen Aktas, Seda Albayrak, Mihrican Aydeniz, Kerime Aydin, Besim Bali, Berkay Baytekin, Kyra Becker, Aylin Asena Bicer, Adnan Yasin Bilac, Melanie Braun, Carolyn Zoe Breßer, Cennet Bulat, Süleyman Cam, Elif Cayirli, Adelina Ceka, Rüveyda Nur Celikkaya, Nur Efsan Cetinkaya, Salih Cicekdal, Dersim Cobanoglu, Karim Hüseyin Cömert, Caner Delice, Esra Nur Demirel, Enis Ömer Dogru, Malika El Abdouni, Soufian El Abdouni, Etrit Emini, Dolunay Fidan, Mara Gehringer, Yüksel Genc, Yusuf-Emre Gencaslan, Felix Glaser, Eren Gül, Betül Güldali, Oktay Güleryüz, Faruk Güney, Joyce Hielscher, Ghied Hussein, Ensar Isik, Metin Harun Isirlar, Elif Kandil, Deniz Kaya, Tarik Kepez, Mustafa Yasin Kilic, Emrullah Kilinc, Gamze Köroglu, Gülistan Koruk, Mihriban Kösger, Melih Alper Kulak, Yannick Kupperschmid, Eslem Kurt, Furkan Kuruderi, Hasibe Mal, Gurbet Mal Ilhan, Enes Molo, Melina Mulalic, Marc Alexander Nowakowski, Nilay Ögünc, Melissa Ona, Erva Öncel, Raquel Ilayda Otag, Burak Özcan, Muharrem Mert Özcan, Rana Özcan, Burcu Öztas, Can Öztürk, Rene Pilarczyk, Yaren Polat, Aleyna Saracbasi, Dogukan Sariyar, Nazli Sarki, Marvin Schmidt, Melisa Sezgin, Swathiga Suseelan, Marcel Sygulla, Can-Muhammed Tasci, Dilara Yalcin, Mehmet Ali Yildirim, Sedef Yildirim, Koray Yildiz, Faruk Yilmaz, Enes Yüce